Die Menschen dort zu erreichen suchen, wo sie sind, war auch die Grundlage für das -Seminar ‚Engagement für die Heilige Schrift‘, das im Sommer 2015 durchgeführt worden ist. Die Zeiten, in denen gewöhnliche Bürger auf Strassen und Plätzen des alten Griechenland über theologische Fragen diskutierten, sind endgültig vorbei. In unserer temporeichen und hochtechnologischen Zeit haben die Menschen ein Fülle von Wahl- und Unterhaltungsmöglichkeiten. Auch wenn sie in der Tiefe ihres Herzens die Wahrheit suchen mögen, so realisieren sie dies mit ihrem Verstand vielleicht gar nicht. Neue Bibelübersetzungen bekannt zu machen und das Interesse dafür zu wecken, ist eine grosse Aufgabe, die viel Zeit, Anstrengung, Phantasie, Wissen, Demut und Opferwillen erfordert, damit das Werk des Herrn in der heutigen Zeit getan werden kann.
Vertreterinnen und Vertreter aus 11 verschiedenen Volksgruppen aus Russland und der GUS nahmen an diesem Seminar teil. Dessen Ziel war, den Teilnehmenden das nötige Rüstzeug zu geben, um das Interesse an der Bibel in ihrer je eigenen Gesellschaft in der bestmöglichen Form zu entfachen. So wurde die Frage diskutiert, welches die am ehesten akzeptierte Art für die Verteilung der Bibelübersetzungen sein könnte (die gedruckte Form, digital, als Video, als CD, als Animation, durch Erzählen von Geschichten etc.). Das IBÜ-Seminar war also nicht so sehr für die Mitarbeitenden in einem Übersetzungsteam, sondern eher für die Benutzer der übersetzten Bibeltexte gedacht. Das sind Leute, die ihre Berufung darin sehen, anderen zu helfen, die Botschaft der Bibel zu hören. Wo ist ihr ganz persönlicher „Areopag“? Wie werden sie die am Seminar aufgenommenen Ideen umsetzen können, und was tun sie schon jetzt aus eigener Initiative? Wir wollen die einzigartigen Geschichten von drei Seminarteilnehmern hören. Sie vertreten drei verschiedene Turksprachen – Altaisch, Krimtatarisch und Tatarisch.
Tatarischer Teilnehmer: „Ich bin ein pfingstlicher Pastor. Einmal wurden einige Brüder unserer Gemeinde gebeten, eine ältere Frau zu besuchen, die gestürzt war und sich verletzt hatte. Sie brauchte Trost, denn sie hatte grosse Schmerzen und konnte nachts nicht schlafen. Unsere Brüder hatten ein tatarisches Evangelium bei sich, und sie schlugen ihr vor, dieses Buch zu lesen. Die Frau aber sagte, als Muslime dürften weder sie noch ihre Angehörigen christliche Schriften lesen. Da hatte einer der Brüder die Eingebung zu fragen, ob es denn erlaubt wäre, dass er ihr aus dem Buch vorlese. „Warum nicht?“ antwortete sie. „Gewiss dürfen Sie vorlesen.“ So fing er an, alle Stellen vorzulesen, wo erzählt wird, wie Jesus Menschen heilte. Danach fragte er die Frau, ob sie für sie beten dürften, und sie willigte gerne ein. Nach diesem Gebet schlief sie die ganz Nacht friedlich durch und begann dann auch, selber zu beten. Christen besuchten sie weiterhin, und wenn sie kamen, bat die Frau ihre Angehörigen, ihr ein Tuch zum Bedecken ihrer Haare zu bringen, und begann dann, innig zu beten. Nach einiger Zeit begann sie sich, für das Leben Jesu zu interessieren, und so wurde ihr wieder aus dem Evangelium vorgelesen. Sie erkannte sich als Sünderin und bekannte ihre Sünden. Nach dem ersten Kontakt mit Christen lebte sie noch 1½ Jahre, dann starb sie friedlich. Am Tag vorher hatte sie noch einige christliche Schwestern eingeladen, an ihrem von Herzen kommenden Gebet auf Tatarisch teilzunehmen. Ihre Angehörigen baten die Christen, sie weiterhin zu besuchen, wann immer sie in der Nähe ihres Dorfes wären. So werden durch biblische Texte interkulturelle Brücken gebaut.“
Diese drei Berichte zeigen den mündlichen Gebrauch der Heiligen Schrift. Gott inspiriert seine Diener mit unerwarteten Ideen, wenn sie nicht davor zurückschrecken, ihm ihre Stimme zur Verfügung zu stellen. In der Zeit der Apostel wurde die Schrift immer laut vorgelesen, da die Menschen noch nicht gewohnt waren, still zu lesen. Vielleicht beginnt selbst in unserer Ära neuer Technologien wieder eine Zeit, in der „der Glaube aus dem Hören der Botschaft kommt, und die Botschaft kommt aus dem Wort Gottes.“ (Römer 10, 17)
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