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„Wenn der Wind dreht, dreht sich auch die Mühle.“
Rundbrief Sommer 2014

„Wenn der Wind dreht, dreht sich auch die Mühle“ – Vater Cosmas, ein amerikanischer orthodoxer Mönch, begegnete dieser sprichwörtlichen Redensart beim Lesen einer gagausischen Geschichte, und er konnte ihren Sinn vorerst nicht erkennen. Vater Cosmas‘ Lebensgeschichte an sich wäre schon beachtenswert, für uns ist jetzt aber wichtig, dass er für das gagausische Übersetzungsprojekt des IBÜ „Exegeseberater in Ausbildung“ ist. Seine erste Reise nach Gagausien im vergangenen März war ein Zusammentreffen zwischen einer ungewöhnlichen Persönlichkeit und einer besonderen Kultur. Während vielen Jahren hegte Vater Cosmas ein grosses Interesse für die türkische Sprache. Nachdem er zuerst gläubig, dann ein orthodoxer Christ und schliesslich Mönch geworden war, erfuhr er eines Tages, dass es ein ganzes Volk gibt, das orthodox ist und zugleich eine seinem geliebten Türkisch sehr ähnliche Sprache spricht. Das sind die vor allem im südlichen Moldawien lebenden Gagausen. Im Laufe der zwei folgenden Jahre baute Vater Cosmas Kontakte zu zwei gagausisch sprechenden Christen auf. Diese sind eifrige Mitarbeiter im gagausischen Bibelübersetzungsprojekt: der IBÜ-Übersetzer Viktor Kopuschu und sein Bruder, der IBÜ-Überprüfer Vater Sergej Kopuschu (ein orthodoxer Priester). Vater Cosmas studierte die gagausische Sprache und machte sich schon bald einen Namen unter den Gagausen als ein Ausländer, der Geschichten und Artikel auf Gagausisch schreibt.

Vater Cosmas berichtet über die ihn neugierig machende Redensart: „Als wir in der Stadt Beschalma in Gagausien eine noch erhaltene alte Mühle besuchten, sah ich, dass das ein ganz besonderes Gebäude war. Es glich einem kleinen Haus auf einem zentralen Pfosten. So kann sich das ganze Gebäude um 360 Grad drehen. Auf der Rückseite ragt eine Stange heraus, und rund herum stehen im Boden eingerammte Pfähle. Da in Gagausien der Wind von allen Seiten her wehen kann, wird die ganze Mühle jeweils in die dem Wind zugewandte Richtung gedreht. Dann wird die Stange an einem der Pfähle festgebunden, so dass sich das Gebäude nicht mehr bewegt. Es bewegen sich also nicht nur die Windräder; die Menschen müssen sich an den Wind anpassen und sich anstrengen, um die ganze Mühle mit ihrer Muskelkraft zu drehen. Die Bedeutung der Redensart ist folgende: Im Laufe des Lebens geraten wir in verschiedenste Situationen, und wir müssen uns dem anpassen, was uns geschieht.

Das scheint genau für das gagausische Volk in der heutigen Zeit zuzutreffen. Vater Cosmas beschreibt die Situation so: “Die Gagausen blicken sehr positiv auf die Zeiten zurück, in denen sie Teil der Sowjetunion waren. Heute sind viele in ihrer Identität unsicher, und es bedarf einer besonderen Anstrengung, dies anzuerkennen.

Ich denke, sie leiden an einem bestimmten Komplex. Sie erfahren keinen Respekt. Von den Türken werden sie verachtet, weil sie nicht Moslems sind, und unter Christen fühlen sie sich minderwertig, weil sie ein Turkvolk sind. Wenn sie sich nun von jemandem anerkannt fühlen, reagieren sie überschwänglich. Eine hervorragende gagausische Autorin beschreibt in einem Gedicht ein Gespräch mit einem gagausischen Jungen. Sie fragt ihn: ‚Bist du ein Gagause?‘ und er antwortet: ‚Vater und Mutter sind Gagausen, ich aber bin Russe.‘ Diese kleine Szene entspricht sehr oft der Wirklichkeit. Für junge Leute gehören die gagausische Sprache und Kultur zu ihren Grosseltern, zu alten Menschen und zu Dorfbewohnern. Moderne junge Gagausen, die up to date sein wollen, versuchen, sich wie Russen zu benehmen, oder sie wandern nach Russland aus, um dort zu arbeiten. Sie studieren Russisch, Bulgarisch, Moldauisch, Französisch, Deutsch und andere Sprachen. Aber ihre eigene Sprache studieren sie kaum.“

Wer kann denn nun ‚diese Mühle drehen‘? Es sind nur Menschen, die sich anstrengen, sprachbegeisterte Menschen wie Vater Cosmas oder wie einer seiner neuen gagausischen Freunde, der vielseitig begabt ist und sich als Maler, Bildhauer, Sänger und Toningenieur betätigt. Dieser Gagause hat ein eigenes Tonstudio und produziert Alben mit jungen gagausischen Sängern, ganz bewusst ausschliesslich in ihrer Muttersprache. Um eine vielversprechende junge Sängerin zu ermutigen, die Sprache ihrer Vorfahren zu schätzen, arrangierte er ein Treffen zwischen ihr und Vater Cosmas. Die junge Frau war höchst überrascht, dass ein Amerikaner (dazu noch ein orthodoxer Christ) zwar gagausisch, aber nicht russisch sprach! Vater Cosmas erzählt von seinen Eindrücken an diesem Treffen: „Sie singt auf Gagausisch, weil sie ihre Lieder auswendig gelernt hat, und es klingt ganz richtig, aber sie spricht die Sprache weder mit ihren Freunden noch mit ihren Eltern. Das tat sie nur als Kind. Jetzt verursachte es ihr grosse Schwierigkeiten, ein Gespräch mit mir zu führen. Sie war so verlegen, weil sie sich nicht ausdrücken konnte und nicht wusste, was sie sagen sollte. Als es Zeit war, sich zu verabschieden, konnte sie sich nicht einmal erinnern, wie man ‚Auf Wiedersehen‘ auf Gagausisch sagt.“

Vater Cosmas erfuhr auf seiner Reise durch Gagausien grosse Beachtung. Der Gouverneur verlieh ihm sogar eine Medaille für seine Verdienste um das Land. Bescheiden kommentiert er: „Wenn solches geschieht, ist das nicht meinetwegen. Es geht um die Gagausen und um ihr Selbstwertgefühl. Es betrifft nicht mein Ego. Sie wollten mich unbedingt treffen, weil sie fühlten, dass ihrem Land, ihrer Sprache und ihrer Kultur Beachtung geschenkt wird.“ Eine Gagausin sagte: „Als ich Vater Cosmas auf Gagausisch anredete und hörte, wie er in meiner Muttersprache antwortete, war mein ganzes Wesen mit äusserstem Entzücken erfüllt. Was für ein Gegensatz: Unsere jungen Leute sind bestrebt, fremde Sprachen zu lernen, um bessere Arbeitsstellen zu bekommen, während dieser Fremde bestrebt ist, unsere Herzenssprache zu studieren, einfach weil er sie liebt.“

Völlig unerwartet war jedoch das Resultat eines Treffens mit 80-90 kritisch eingestellten Priestern. Es gelang Vater Cosmas, die Zuhörer zu überzeugen, dass eine gagausische Bibelübersetzung wirklich nötig sei. Er erzählt: „Der Ortsbischof hatte die Idee, dass ich an diesem der gagausischen Bibelübersetzung gewidmeten Treffen teilnehmen sollte. Da ich ein Mönch bin, stehe ich unter der Gehorsamspflicht. So wurde ich am nächsten Tag zu dieser Versammlung mitgenommen. Ich wusste nicht, wie ich die Zuhörer einschätzen sollte, da ich dieser grossen Gruppe zum ersten Mal gegenüber stand. Sie stellten Fragen und brachten ihre Einwände auf Russisch vor, und diese wurden mir auf Gagausisch übersetzt. Ich sprach gagausisch, und das wiederum wurde auf Russisch übersetzt. So war es für mich sehr schwierig zu verstehen, was vor sich ging, weil es da verschiedene Sprachschichten gab und ich nicht wusste, wie ernst die Einwände waren. Zu meinem grossen Erstaunen wurde mir am folgenden Tag mitgeteilt, dass der gagausische Bischof einen Brief an meinen Bischof in Kalifornien geschrieben hat, und es erwies sich, dass er darin seinen Segen gegeben hat.“

In einer lokalen gagausischen Zeitung erschien ein auf Russisch geschriebener Artikel über Vater Cosmas. Der Schlusssatz des Journalisten lautet: „Wenn wir unsere Muttersprache vergessen, vergessen wir unsere Geschichte. Doch ganz plötzlich erwachen am anderen Ende der Welt Menschen, die unsere Sprache und unser Kultur akzeptieren, als wären sie ihre eigenen.“

Lasst uns hoffen, dass der Wind den gagausischen Christen endlich günstig sein möge. Und lasst uns beten, dass die Mühle durch die Anstrengungen der erwähnten sprachbegeisterten Menschen sich zu drehen beginnt. Alle, die sich für die Übersetzung der Bibel in die Sprache ihres Herzens einsetzen, und alle, die sie darin unterstützen, tragen dazu bei.

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