Zuallererst beschäftigte es die Rednerinnen und Redner, ob ihre Namen im Interview genannt würden. Wenn das der Fall gewesen wäre, so hätten sie geschwiegen, obwohl die Liebe zu ihrem Heimatland und ihren Mitbürgern sie zum Reden drängte.
Dann wechselte sie das Thema und wandte sich dem Übersetzungsteam und den Beziehungen der Teammitglieder untereinander zu. Sie vergass die Spannungen, in denen sie als Christin in einer patriarchalen Kultur lebt, und erzählte begeistert: „Unser Teamgeist macht mich trotz allen Unterschieden von Glauben und Konfession glücklich. Diese Aspekte zählen nicht wirklich für die Kaukasier. Was in meinem Land wirklich zählt, ist die Menschlichkeit. Keiner von uns wird je sagen: ‚Ich bin Christ, und du bist Moslem. Darum haben wir nichts gemeinsam‘. Viel wichtiger ist, was für eine Person du bist, was du tust, wie du arbeitest, welches deine menschlichen Qualitäten sind. Wenn du Respekt verdienst, wird man dich auch respektieren und auf dich hören. Im Westen kannst du vielleicht einer Person die Bibel geben und ihr vorschlagen, darin zu lesen. Wenn sie das tut und sich bekehrt, so wird sie beim Lesen selber herausfinden, was sie braucht, um ein neues Leben zu beginnen, und sie wird dich mit neuen Augen anschauen, mit denAugen eines Glaubenden. Im Kaukasus ist es nicht so. Die Leute schauen zuerst auf dich, auf die Art, wie du lebst und wie du dich verhältst, und wenn du ihren Respekt verdienst, werden sie sich vielleicht für die Heilige Schrift interessieren und sie von dir annehmen.“ Dieses neue Bild vom Leben im Kaukasus enthüllte eine ganz andere Facette als die, welche sie wenige Minuten vorher beschrieben hatte.
Als wir dann über ihre Landsleute sprachen, vergass auch diese Frau ihre eigenen Schwierigkeiten. Ihre Worte spiegelten nun eine tiefe und selbstlose Liebe. Und wieder war es eine Redensart, die ihr in den Sinn kam: „Wir kennen einen interessanten Ausdruck. Wenn du jemanden fragst: ‚Bist du nicht ein Tscherkesse?‘, meinst du damit ‚Hast du ein menschliches Herz? Bist du fähig, menschliche Freundlichkeit zu zeigen?‘ Das zeigt, wie sehr wir das Wort ‚Tscherkesse‘ respektieren und wie wir es nicht nur in Bezug auf unsere Nationalität verstehen, sondern es in der Tiefe unseres inneren Wesens ansiedeln.“
D
2014 werden das Buch Exodus und das Buch der Sprüche auf Adygeisch und das Buch der Sprüche auf Kabardinisch erscheinen.
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* Obwohl sich beide Frauen als ‚Tscherkessinnen‘ bezeichnen, gehören sie zu zwei verschiedenen Übersetzungsprojekten und zwei verschiedenen, wenn auch nahe verwandten Völkern. Der Ausdruck ‚Adygeisch‘ bezeichnet ein einzelnes IBÜ-Projekt, während mit ‚Tscherkessen‘ verschiedene Volksgruppen (darunter Kabardiner und Adygejer) bezeichnet werden, die über mehrere Teile Russlands verstreut leben.
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