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Das Matthäus-Evangelium in der Sprache der Nenzen

Das Institut für Bibelübersetzung IBT hat soeben die Übersetzung des Evangeliums nach Matthäus publiziert. Früher wurden schon Ausschnitte aus dem Lukasevangelium (1995), Geschichten über Jesus Christus (2003 mit CD, 2011), das vollständige Lukasevangelium (2004), das Markusevangelium (2010) und das Johannesevangelium (mit CD, 2014) veröffentlicht.

Die Nenzen sind mit ihren 44.640 Angehörigen das grösste der sogenannten "kleinen Völker des Nordens", und besiedeln ein riesiges Territorium an der eurasischen Küste des Nördlichen Eismeers von der Kolа-Halbinsel bis nach Tajmyr. Die Nenzen teilen sich in zwei Gruppen: die Tundra-Nenzen und die Wald-Nenzen. Die Tundra-Nenzen sind die bei weitem größere Gruppe (90%). Sie sind das namengebende Volk des Jamal-Nenzischen Autonomen Kreises im Tajmyr-Rayon der Dolganen und Nenzen der Region Krasonjarsk.

Ursprünglich nannte man die Nenzen "Samojeden" oder "Jurak-Samojeden". Ein früher Hinweis auf diese Volksbezeichnung findet sich schon in der altrussischen Nestor-Chronik aus dem 12. Jahrhundert. Die Nenzen waren ursprünglich Rentierzüchter. Auf der Halbinsel Jamal leben heute noch einige tausend nenzische Rentierzüchter, die gut 500 000 Rentiere halten und eine nomadische Lebensweise pflegen.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein hielten die Nenzen an ihrem animistischen Glauben fest. Von den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts an bewirkte dann die orthodoxe Missionierung, dass die meisten Nenzen christianisiert wurden. Ungeachtet dessen haben sich bei den Nenzen noch zahlreiche heidnische Traditionen und Gebräuche erhalten, bis heute herrscht unter ihnen noch eine synkretistische Vorstellung von der Welt. Seit den 90er Jahren tauchten bei den Nenzen auch neue evangelische Kirchen auf.

77,7% der Nenzen bezeichnen das Nenzische als ihre Muttersprache. Seit 1932 wird die Sprache auch geschrieben, zuerst in lateinischer Schrift und seit 1937 auf Basis der russisch-kyrillischen Schrift.

Das IBT-Projekt zur Übersetzung der Bibel in die nenzische Sprache nahm seinen Anfang in den neunziger Jahren weitab von der traditionellen Lebenswelt der Nenzen. Auch die erste Übersetzung - es war das Lukasevangelium - wurde von einem Linguisten angefertigt, der den Großteil seines Lebens in St. Petersburg verbrachte. 2001 zog der exegetische Redakteur, der  das Nenzische erlernt hatte, nach Salechard, der nenzischen Hauptstadt, und bildete in seinem Umkreis eine Übersetzergruppe heran. So wurde eine Neuübersetzung des Lukasevangeliums und die Übersetzungen des Markus-, Johannes- und Matthäusevangeliums bereits durch Nenzen verwirklicht, die noch in ihrer traditionellen kulturellen Umgebung leben, auf dem Boden ihrer Vorfahren. Dass das Übersetzerteam die lebendige nenzische Sprache beherrschte, war entscheidend für die Akzeptanz der übersetzten Texten bei den Lesern. Die Resultate der Akzeptanz-Überprüfung sowohl in städtischer Umgebung wie auch in den Nomadensiedlungen der Tundra erwiesen ein gutes Verständlichkeitsniveau bei den Testpersonen.

Nach Meinung der Verbreiter der bisherigen Übersetzungen wird auch die Veröffentlichung des Matthäusevangeliums sowohl der katechetischen Arbeit in den Kirchen dienen, als auch dem schulischen Erlernen der Muttersprache für Kinder und Erwachsene.  In gewisser Weise hilft die Übersetzung dem Erhalt und der Weiterentwicklung der nenzischen Sprache, die im "Rotbuch" der verschwindenden Sprachen der Völker Russlands verzeichnet ist.

Die PDF-Version des Matthäusevangeliums wie auch der früheren Ausgaben in nenzischer Sprache kann man bereits abrufen auf unserer Webseite (ibt.org.ru).

 

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